Falsche Ratschläge vermeiden
Depressionen sollten auch von Angehörigen und Freunden als eine schwerwiegende Erkrankung anerkannt werden. Wenn eine Depression feststeht, dann gilt für Angehörige und Freunde, Arbeitskollegen und Vorgesetzte, Nachbarn u.a. erst einmal: falsche Ratschläge vermeiden. Denn dazu kommt es sehr schnell, weil man mit einer Depression noch keine Erfahrungen hatte und alles mit normalen Stimmungsschwankungen, gelegentlichen Erschöpfungsreaktionen nach Überforderung, einem nachvollziehbaren Leistungseinbruch oder "Durchhänger" gleichsetzt. Doch eine Depression ist eine Erkrankung, bei der andere Gesetze gelten. Auf was sollte man also achten?

 

Appelle: Es ist falsch, den Depressiven aufzufordern, sich zusammenzureißen. Solche Ermahnungen an einen hoffnungslosen, apathischen und willensgeschwächten Patienten pflegen seine Verzweiflung nur noch zu verstärken. Der Depressive ist nicht unwillig, er ist krankheitsbedingt unfähig. Das ist ein großer Unterschied.

 

Ablenkung: Es ist falsch, dem Depressiven Ablenkungs-, Vergnügungs- oder Zerstreuungsmöglichkeiten anzubieten oder zu empfehlen. Mit solchen Maßnahmen kann ein Mensch, der ja die Fähigkeit verloren hat, sich zu freuen, nichts anfangen. Im Gegenteil: Es wird ihn noch mehr deprimieren und obendrein in Schuldgefühle stürzen.

 

Überredung: Es ist falsch, dem Depressiven einreden zu wollen, es gehe ihm doch gut. Wenn es ihm gut ginge, wüsste er das selbst am besten. So aber muss er diese Äußerung nur als Verkennung seines Zustandes oder als Beweis des Misstrauens verstehen.

 

Urlaub: Es ist falsch, den Depressiven in Urlaub zu schicken. Er findet sich in seinem Zustand in fremder Umgebung noch weniger zurecht, als zu Hause. Seine Kontaktschwäche würde ihn nur isolieren. Seine Minderwertigkeitsgefühle könnten sich noch verstärken. Seine Teilnahmslosigkeit, sein Grübelzwang oder seine Ängste würden allen zur Last fallen. Aus den gleichen Gründen kann auch ein Kuraufenthalt während einer depressiven Phase nicht empfohlen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt ist dagegen nichts einzuwenden.

 

Wahnideen: Es ist falsch, dem Depressiven evtl. seinen Krankheitswahn, seinen Verarmungswahn, seinen Versündigungswahn usw. ausreden zu wollen. Wahnideen sind mit logischen Argumenten nicht zu korrigieren. Solche fruchtlosen Diskussionen beweisen dem Depressiven nur, dass ihn niemand versteht. Denn er kann gar nicht anders, als seinen Wahnideen Glauben zu schenken; die wahnhafte Gewissheit, die trotz offensichtlicher Gegenbeweise nicht zu korrigieren ist, macht ja einen Teil des Krankhaften aus.

 

Entscheidungen: Es ist falsch, einen Depressiven wichtige Entscheidungen treffen zu lassen, besonders, wenn es sich um folgenschwere Entschlüsse handelt (Beruf, Verkauf usw.). Nachdem das Krankheitsbild abgeklungen ist, wird er wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein. Während der depressiven Episode aber wird er alles durch eine "schwarze Brille" sehen, so dass die dabei getroffenen Entscheidungen fast immer zu seinem Nachteil ausgehen. Später sieht wieder alles ganz anders aus und jeder fragt sich dann, wie konnte man nur eine solche Entscheidung zulassen.

 

  Tipps für Angehörige zu Hause
Angehörige haben es häufig sehr schwer. Die Auseinandersetzung und Kommunikation mit Depressiven ist für Familienmitglieder und Freunde sehr schwierig. Häufig versuchen Angehörige, durch Kritik und Kontrolle den Kranken und die Krankheit zu beherrschen. Das ist eine Schutzreaktion, die aber dem Kranken nicht weiter hilft. Sie führt leider zu eine Blockade der Kommunikation und zu weiter wachsenden Spannungen. Besser ist es, wenn sie Mitgefühl zeigen. Das bedeutet: Auch Angehörige haben Gefühle im Hinblick auf den Depressiven, die geäußert werden sollten. Das Akzeptieren und das Äußern dieser Gefühle hilft, den Teufelskreis der depressiven Kommunikation zu sprengen. Erzählen Sie ihrem Partner, welche Gefühle und Gedanken Sie haben. Danach tauschen Sie dann die Rollen und er erzählt über seine Gefühle. Sie hören dann ohne Unterbrechung zu.

 

Wichtig ist: Damit die Depression geheilt wird, muss der Betroffene in ärztliche Behandlung. Damit der Kranke aber wieder zur vollständigen Genesung kommt, sollte er unbedingt in ärztliche Behandlung. Das kann vor allem zu Beginn auf heftigen Widerstand stoßen. Depressive halten sich nicht für krank. Möglicherweise schämen sie sich auch, weil sie kein "ordentliches", d.h. für jedermann nachvollziehbares Leiden vorweisen zu können. Ausgerechnet im fortgeschrittenen Stadium ist dann die fehlende Krankheitseinsicht sogar noch typisch und wird durch unglaubliche Schuldgefühle erschwert. So behaupten manche Depressive, "schuldig und nicht krank zu sein", dafür "Strafe und keine Behandlung" zu verdienen. Deshalb dürfen sich die Angehörigen nicht entmutigen lassen, selbst wenn der Patient unnahbar, reizbar oder aggressiv wird. Das ist nicht persönlich gemeint. Die liebevolle Unterstützung und Mitgefühl hilft häufig, den Depressiven zu einer ärztlichen Behandlung zu bewegen.

 

Angehörige dürfen nicht hinter dem Rücken des Betroffenen handeln. Wenn möglich und wenn der Betroffene dies nicht direkt ablehnt, ist es hilfreich, wenn Angehörige den Betroffen beim Arztbesuch begleiten. Häufig können Sie dem Arzt wertvolle Hinweise geben. Das darf aber niemals hinter dem Rücken des Depessiven und nicht ohne seinen Willen geschehen. Dann nämlich wäre das ein Vertrauensmissbrauch, der den Betroffenen entmündigt. So wird er nur in seinen Minderwertigkeitsempfindungen bestätigt.

Sehr hilfreich können Angehörige bei der Einhaltung von regelmäßigen Medikamenteneinnahmen bzw. sonstige Therapievorschläge sein. Die Betroffenen haben häufig ein aus dem Lot geratenes Zeitempfinden, so dass vorsichtige Unterstützung und Anregung den Heilungsprozess fördert. Dies betrifft allerdings eher die krankheitsbedingte Vergesslichkeit, Willensschwäche, Ratlosigkeit oder allgemeine Unfähigkeit zu konkreten Handlungen, weniger den guten Willen des Patienten, denn die meisten Depressiven zeichnen sich schließlich durch gute Mitarbeit aus, wenn sie ihre Krankheit erst einmal als solche angenommen haben.

 

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