Die Depression
Jeder Mensch erlebt Phasen oder Momente, in denen er Traurigkeit, Einsamkeit oder Unglücklichsein verspürt. Nicht nur durch große Schicksalsschläge, sondern auch durch scheinbar banale Ereignisse im Alltag kann das Gefühlsleben ganz plötzlich aus den Fugen geraten. Diese Phasen im Leben sind ganz normal. Man könnte sogar sagen: notwendig! Denn würde unser Leben immer vollkommen gleichmäßig verlaufen, wären wir auch nicht in der Lage, die schönen Momente als solche wahrzunehmen.
Dauert aber eine traurige Phase, in der das Leben vom Betroffenen nicht mehr aus einer normalen Perspektive wahrgenommen wird, über Woche oder gar länger an, könnte bereits eine Depression vorliegen.
Wen kann es treffen
Zwischenzeitlich zählen Depressionen zu den häufigsten behandlungsbedürftigen Erkrankungen in der westlichen Welt.
Depressionen sind aber keine Zivilisations- oder Wohlstandserkrankung! Denn Menschen aus allen Kulturkreise, Nationen, Bildungs- und Gesellschaftsschichten können hieran erkranken. Frauen sind jedoch etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Realistischen Schätzungen zufolge ist davor auszugehen, dass etwa 20 bis 25 Prozent aller Frauen und 7 bis 12 Prozent aller Männer einmal in Leben an einer Depression erkranken. Besonders im Lebensalter zwischen 25 und 45 Jahren werden Depressionen gehäuft diagnostiziert.
Depression ist kein Schicksal
Depressionen lassen sich heute sehr gut insbesondere wegen der großen Fortschritte die die Arzneimittelforschung in den letzten Jahren gemacht hat – behandelt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Depression weder geheilt noch spürbar gebessert werden kann, ist nur äußerst gering. Ganz besonders wichtig ist es aber, dass der Betroffenen erkennt, dass er erkrankt ist, er in eine Behandlung einwilligt und bereit ist, für die persönliche Genesung auch aktiv etwas zu zun.
I.Ursachen für die Depression
Die moderne Medizin geht heute davon aus, dass es eine Reihe von Ursachen für die Entstehung von Depressionen gibt.
Hierzu zählen
- Erbliche (genetische) Veranlagung
- Neurobiologische Faktoren
- Umweltfaktoren
- Sonstige Faktoren
Erbliche (genetische) Veranlagung
Es wurde nachgewiesen, dass es eindeutig erbliche Faktoren gibt. Kinder eines bereits depressiv erkrankten Elternteils können mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von dieser Erkrankung betroffen sein als Nachkommen von Eltern, die nie unter einer Depression litten.
Neurobiologische Ursachen
Es gilt heute als gesichert, dass es körperliche Ursachen für das Auftreten von Depressionen gibt: nämlich ein Ungleichgewicht oder eine gestörte Konzentration von bestimmten Botenstoffen im Gehirn, den so genannten Neurotransmittern. Diese Substanzen sind für die Informationsübertragung zwischen den einzelnen Nervenzellen zuständig. Ein Missverhältnis dieser Botenstoffe kann nicht nur eine Ursache der Depression, sondern auch Grund für andere Erkrankungen sein. Es stehen heute eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung, die diese Botenstoffe wieder in eine Balance bringen und sich bei der Behandlung der Depression als besonders wirksam erwiesen haben.
Umweltfaktoren
Ein weiterer Erklärungssatz für das Auftreten von Depressionen geht davon aus, dass schmerzliche Erfahrungen, die ein Mensch lebenslang macht, entsprechend „abgespeichert“ werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die gespeicherte Erfahrung durch ähnliche Situationen aus dem Unterbewusstsein abgerufen werden und eine depressive Störung auslösen.
Hierzu zählen beispielen Verlustängste gegenüber der Mutter, die dann später z.B. in einer Konfliktsituation mit dem Ehepartner wieder hervortreten. Ebenso kann durch zwischenmenschliche Kränkungen in Partner- oder Freundschaft, durch Verlust des Arbeitsplatzes oder den Tod eines nahen angehörigen eine Depression hervorrufen.
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten von auslösenden Faktoren im sozialen Umfeld. Entscheidend ist immer die ganz persönliche Wahrnehmung des Betroffenen.
Häufig können auch mehrere Ursachen einer Depression auslösen, dies ist von Betroffenem zu Betroffenem äußerst verschieden. Deshalb stellt eine Depressionsbehandlung auch ein auf den Patienten bezogenes, individuelles Therapiekonzept dar.
Sonstige Faktoren
Es gibt zahlreiche Erkrankungen, wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen, in deren Folge auch Depressionen ausgelöst werden können. In diesen Fällen wird der behandelnde Arzt bemüht sein, zunächst die Haupterkrankung wirkungsvoll zu therapieren. Häufig genügt die Therapie der ursächlichen Erkrankung, um danach die Depression erfolgreich behandeln zu können. Darüber hinaus können auch einige Arzneimittel, die zur Behandlung von bereits bestehenden organischen Erkrankungen angewendet wurden, als Nebenwirkung Depressionen auslösen. Deshalb sollte jeder Patient bereits beim ersten Gespräch mit dem Arzt alle zur Zeit eingenommenen Medikamente benennen. Eine Arzneimittelumstellung auf ein anderes Präparat kann in bestimmten Fällen bereits die Depressionssymptomatik zum Abklingen bringen.
II. Anzeichen
Die Depression ist eine Erkrankung, die sich sehr vielgestaltig äußern kann, entsprechend groß ist die Anzahl der Beschwerden. Sie lässt sich nicht so einfach bestimmen, wie z.B. ein hoher Blutdruck gemessen werden kann.
Obwohl es die „typische Depression“ nicht gibt, so finden sich jedoch einige Beschwerden, die auf eine depressive Erkrankung schließen lassen. Es werden dabei sogenannte Haupt-, Zusatz- und weitere charakteristische Symptome unterscheiden.
Zu den Hauptsymptomen gehören
- Verlust von Interesse und Freunden
Es handelt sich hierbei um die stark verminderte oder sogar völlig erloschene Fähigkeit, sich an wichtigen Dingen des Alltags zu freuen bzw. daran teilzunehmen. Dieses kann sich auf das gesamte soziale Umfeld, also Familie, Freundeskreis oder den Beruf erstrecken, aber auch das Interesse an Hobbys, Sport oder sexuellen Aktivitäten betreffen.
Die depressive Stimmung lässt sich am besten mit den Worten „innere Leere“ umschreiben. Es stellen sich Situationen ein, in denen das Gefühl der Verzweiflung quasi aus heiterem Himmel – also aus Sicht eines Außenstehenden objektiv grundlos – vorherrscht.
- Verminderung des Antriebes
Unter Antrieb wird die Kraft verstanden, die uns ein zielgerechtes Verhalten erlaubt, also die Energie für unser täglich Leben. Ist der Antrieb vermindert, stellt sich das Gefühl der Energielosigkeit ein. Die Motivation selbst für einfache Alltagsaktivitäten des Haushalts ist abhanden gekommen – die Antriebslosigkeit wirkt wie eine tonnenschwere Last, die jede Bewegung ausbremst.
Zusatzsymptome
Häufig fällt es schwer, mit den Gedanken bei einer Tätigkeit oder einer Aufgabe zu bleiben. Das Gedächtnis ist manchmal wie das sprichwörtliche „Sieb“ und die Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt häufig eingeschränkt.
- Mangelndes Selbstwertgefühl und/oder Selbstvertrauen
Ein depressiv erkrankter Mensch erlebt nicht nur seine Umgebung dunkel und grau, er sieht sich selbst durch die negative Brille. Er empfindet sich als wertlos und oft als Belastung für sein Umfeld. Auch vergangene Leistungen oder Fähigkeiten werden als sinn- oder nutzlos abgewertet.
- Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
Einhergehend mit mangelnden Selbstwertgefühlen neigen depressive Menschen dazu, sich Fehler und Versäumnisse vorzuwerfen – und sich dafür im Sinne eines Schuldigen verantwortlich zu fühlen. Depressive Denkinhalte umfassen oft die Themen der Schuld, Sünde, Schmutz, Armut und können sich manchmal bis hin zum Wahn steigern: die Angst um das Seelenheil, den Besitz und die Neigung des depressiven Erkrankten, sich in ein Nutz- und Wertlosigkeit selbst die Schuld dafür zu geben.
Pessimistische Zukunftsperspektive
Entsprechend der negativen Selbst- und Weltansicht, die der depressive Mensch hat, sieht er auch seine Zukunft als hoffnungs- und aussichtslos an. Jeder Neue Tag wird als weitere Belastung erlebt, dazu können sich Ängste vor allem und jedem gesellen.
- Lebensüberdruss, Selbsttötung
Wenn die quälenden Gedanken der Sinnlosigkeit, der inneren Leere einen immer größer werdenden Raum einnehmen, kann sich das Gefühl des Lebensüberdrusses ausbreiten. Oft erscheint der eigene Tod als einziger Weg aus dem Tal der dunklen Gefühle. An die Gleichgültigkeit des eigenen Lebens/Seins können sich konkrete Gedanken zur Durchführung einer Selbsttötung anschließen und werden als Erlösung von der Qual angesehen. Von den ersten Gedanken an den Freitod bis zum Selbsttötungsversuch können in Einzelfällen nur wenige Stunden vergehen, häufiger jedoch kreisen diese Gedanken wochen- bis monatelang im Kopf eines depressiven Menschen.
Bei einer Selbsttötungsabsicht sollte sofort ein Arzt oder eine Klinik aufgesucht werden!
Zu den ersten und häufigsten Symptomen einer Depression gehört es, nicht ein- oder durchschlafen zu können. Morgendliches Früherwachen zwischen 3 und 5 Uhr und vor lauter Gedankenkreisen und Grübeln nicht mehr einschlafen zu können, ist typisch. Nach dem Aufstehen liegt nicht eine erholsame Nacht hinter dem Depressiven, sondern er fühlt sich schlapp, kraftlos, fahrig du erschöpft. Trotz einer enormen Müdigkeit am Abend können sich diese Ein- und Durchschlafstörungen sowie frühmorgendliches Erwachen mit Grübeleien Nacht für Nacht wiederholen.
Gewichtsverluste treten relativ häufig bei Depressionen auf und sind das Resultat aus mangelndem Appetit. Das Essen schmeckt einfach nicht mehr und der Depressive muss sich regelrecht zum Essen zwingen.
Weitere charakteristische Symptome
- Grübeln, Entscheidungsunfähigkeit
Langes Hinundherüberlegen auch bei alltäglichen Prozessen, Gedankenkreisen und immer ein und dieselbe Sache, können eine Depression kennzeichnen. Entscheidungen, die ein Gesunder mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet, können vom Erkrankten nicht getroffen werden: „Gehe ich heute spazieren?“ kann endlos lange im Kopf eines Depressiven diskutiert werden, ohne dass er zu einem Ergebnis kommt.
- Gefühl der Gefühllosigkeit
Antriebslos, freudlos, hoffnungslos, kraftlos, mutlos – anders ausgedrückt: gefühllos. Dies empfinden viele Depressiven Menschen. Schöne Gefühle wie Freude, Heiterkeit, Zuversicht, aber auch Traurigkeit und Verlust weichen einem Zustand von innerer Erstarrung, einem Abgestumpftsein oder einem Gefühl der Leere.
Depressionen können sich nicht nur im Sinne einer Hemmung äußern. Im gegenteiligen Fall sind die Patienten von quälender Unruhe getrieben, sind schreckhaft und überregt. Das Gefühl der inneren Unruhe lässt sich mansche Menschen wie einen Dampfkochtopf fühlen, der kurz vorm Platzen steht.
Oft versteckt sich eine Depression hinter einer Vielzahl von körperlichen Symptomen und entsprechend schwierig gestaltet sich die Diagnose. Spannungs- und Druckgefühle, oder Kopfschmerzen oder Schmerzen in der Herzgegend, Nacken- und Rückenschmerzen, Probleme im Magen-Darm-Trakt mit Erbrechen, Verstopfung oder Durchfall, Atemstörungen, Schluckstörungen, Menstruationsprobleme – es gibt eigentlich kaum ein Organsystem, durch das sich eine Depression nicht ausdrücken kann.
Kurztest
- Fühlen sie sich häufig traurig, niedergeschlagen oder hoffnungslos?
- Haben sie so gut wie jedes Interesse an fast allen Dingen verloren?
- Empfinden sie keine Freude mehr, zum Beispiel an Dingen, die ihnen gewöhnlich Freude bereiten?
- Haben sie keinen Appetit mehr oder erheblich an Gewicht verloren?
- Leiden sie fast täglich unter Schlafstörungen?
- Sprechen und bewegen sie sich langsamer als sonst?
- Oder leiden sie im Gegenteil unter einer inneren Unruhe so dass sie nicht stillsitzen können?
- Hat sich ihr sexuelles Verlangen vermindert oder ist es gar nicht mehr vorhanden?
- Haben sie kein Selbstvertrauen mehr?
- Machen sie sich viele Selbstvorwürfe
- Haben sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und sich Dinge zu merken, oder fallen ihnen sogar ganz alltägliche Entscheidungen schwer?
- Denken sie häufig über den Tod nach oder sogar daran, sich das Leben zu nehmen?
Wenn sie mehr als 4 Aussagen mit ja haben, leiden sie wahrscheinlich unter einer Depression. Sie sollten mit ihrem Arzt darüber sprechen, der eine eindeutige Diagnose stellen kann und gegebenenfalls notwendige therapeutische Möglichkeiten mit ihren bespricht.
III. Einteilung der Depression in einem Schweregrad
In dem Kapitel „Anzeichen einer Depression“ wurden eine Reihe von Symptomen beschrieben, die bei einer Depression auftreten können. Es müssen nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten, wenn die Diagnose „Depressive Episode“ gestellt wird. Je nach Anzahl der vorhandenen Symptome kann die Depression in verschiedene Schweregrad eingeteilt werden. Hiernach richtet sich dann auch der therapeutische Behandlungsansatz.
Leichte depressive Episode
Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten 2 Hauptsymptome plus 2 Zusatzsymptome auf.
Mittelschwere depressive Episode
Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten 2 Hauptsymptome plus 3-4 Zusatzsymptome auf.
Schwere depressive Episode
Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten alle 3 Hauptsymptome plus mindestens 4 Zusatzsymptome auf.
Die körperlichen Symptome können unabhängig von den Haupt- und Zusatzsymptome bei Schweregraden auftreten.
IV. Behandlungsformen
Depressionen lassen sich sowohl mit Methoden der Psychotherapie als auch medikamentös behandeln. Häufig wird eine Kombination beider Verfahren eingesetzt.
Eine sinnvolle Psychotherapie setzt beim Patienten eine aktive Mitarbeit voraus.
Abhängig vom Schweregrad der Depression kann das psychotherapeutische Gespräch häufig erst nach einer Vorbehandlung mit einem antidepressiv wirkenden Medikament eingesetzt werden. Welches psychotherapeutische Verfahren für den jeweiligen Patienten das geeignete ist, wird in einem individuellen Therapiekonzept zwischen Patient und Arzt festgelegt.
In erster Linie kommen bei der medikamentösen Behandlung der Depression Arzneimittel aus der Gruppe der so genannten Antidepressiva zum Einsatz. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme machen Antidepressiva nicht abhängig. Im Gegensatz zu Schmerz- oder Beruhigungsmitteln (Tranquilizer), die sofort eine Wirkung entfalten, benötigen Antidepressiva 10 bis 14 Tage, bis sich der gewünschte therapeutische Effekt schrittweise einstellt. Patienten sollten dies beachten und nicht enttäuscht wegen ausbleibender Wirkung bereits nach wenigen Tagen das Medikament eigenmächtig absetzen.
In der Regel beträgt die Anwendungsdauer für ein Antidepressivum sechs bis neun Monate. Die Dosierung wird in dieser Zeit regelmäßig von einem Arzt überprüft und dem individuellen Bedarf des Patienten entsprechend angepasst.
Medikamente machen die Psychotherapie häufig erst möglich
Zahlreiche Patienten, die unter einer Depression leiden, lehnen die Einnahme von Medikamenten ab. Sie versprechen sich ausschließlich von psychotherapeutischen Verfahren Besserung. In vielen Fällen schafft aber erst die Einnahme eines antidepressiv wirkenden Medikamentes die notwendige Voraussetzung. Zum Teil erlangen Patienten erst unter einer medikamentösen antidepressiven Therapie die notwendige psychische Stabilität, um zum Beispiel eine Gesprächstherapie sinnvoll beginnen zu können.
Je nach Präparat können bei einer medikamentösen Therapie der Depression auch Nebenwirkungen auftreten. Moderne antidepressive Medikamente, die z.B. den Botenstoff Noradrenalin selektiv beeinflussen, zeichnen sich durch eine gleichermaßen gute Wirksamkeit und Verträglichkeit aus. Grundsätzlich wird im ärztlichen Gespräch das Thema Nebenwirkungen behandelt und Patientenfragen werden ausführlich beantwortet.
V. Tipps, die ihre Gesundheit unterstützen
Machen sie sich klar, dass eine Depression nichts mit Charakterschwäche oder Wehleidigkeit zu tun hat.
Eine Depression ist immer eine ernstzunehmende Erkrankung.
Akzeptieren sie ihre Erkrankung und machen sie sich bewusst, dass sie den Gang zum Arzt und dem Willen zur Behandlung einen großen Schritt in Richtung Genesung getan haben. Hierauf dürfen sie mit Recht stolz sein!
Verlieren sie auch durch kleine Rückschläge nicht den Mut!
Eine Depression kann auch einmal einen wellenförmigen Verlauf nehmen, der die Genesung aber nicht verhindern muss.
Strukturieren die ihren Tag; ein schriftlicher Tagesplan kann dabei äußerst hilfreich sein. Versuchen sie, feste Aufstehzeiten auch am Wochenende einzuhalten.
Halten sie ich unbedingt an die ärztliche vorgegebenen Einnahmezeiten und Dosierungen ihres Medikamentes. Beachten sie, dass es zwei Wochen dauern kann, bis sich die gewünschte Wirkung einstellt. Ohne ärztlich Rat sollten sie – auch in einer schwierigeren Phase – nicht die Einnahmemengen ihres Medikamentes verändern. Ebenso wenig sollten sie das Medikament ohne Rücksprache mit ihrer Ärztin/ihrem Arzt absetzen.
Greifen sie nicht eigenmächtig zu Medikamenten, z.B. Schlaf-, Beruhigungs-, oder Schmerztabletten, die ihrer Ärztin/ihr Arzt ihnen nicht verordnet hat.
Alkohol oder Drogen sind keine Problemlöser. Sie können ihre Erkrankung nur noch verstärken und die Genesung verzögern oder sogar verhindern. Ebenso sie beim Arzneimittelmissbrauch besteht Abhängigkeitsgefahr.
Ziehen die sich nicht von Angehörigen oder Freunden zurück.
Nehmen sie aktiv Kontakt auf und suchen sie das Gespräch. Viele scheinbar unüberwindliche Probleme schrumpfen häufig während des Gespräches auf ihre reale Größe. Man wird ihnen mehr Verständnis entgegenbringen, als sie erwarten. Soziale Isolation be- oder verhindert sogar ihre Genesung.
Entscheiden sie sich für körperliche Aktivität an der frischen Luft.
Beispielsweise Spazierengehen oder Radfahren sorgen für ein steigendes Wohlbefinden. Und natürliches Sonnenlicht „erhellt“ die Stimmung im wahrsten Sinne des Wortes!
Setzen sie sich realistische Ziele! Überforderung und Stress behindern die Genesung. Gönnen sie sich auch Pausen für Ruhe und Entspannung.
Sprechen sie mit ihrer Ärztin/ihrem Arzt über ihre Unsicherheiten. Offenheit zwischen Patient und Arzt ist ein wichtiger Bestandteil des Behandlungserfolges.
Erkennen sie auch kleine Fortschritte als ihren persönlichen Erfolg an.
VI. Information für Angehörige und Freunde
Die Depression ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, die nicht nur für den Betroffenen eine enorme Belastung ist, sondern auch ein soziales Umfeld vor eine Situation stellt die viel Geduld und Sensibilität erfordert.
Der depressiv Erkrankte lebt vorübergehend in eine Welt die ein gesunder Mensch nicht verstehen oder nachvollziehen kann. Seine Gefühlswelt besteht oft aus Pessimismus, Schuldgefühlen und mangelndem Selbstvertrauen. Aus diesen subjektiv empfundenen Zwängen und Ängsten zieht sich ein vielleicht ehemals lebensfroher, realistisch denkender und dynamischer Mensch nimmer weiter in sein Schneckenhaus zurück und verfällt in einen Zustand der emotionalen Starre und körperlichen Passivität. Ein Außenstehender, der nichts über die Erkrankung weiß, würde einen depressiven Menschen faul, „saft- und kraftlos“, empfindlich, gefühlskalt, entscheidungsschwach, konfliktscheu, teilnahmslos, apathisch charakterisieren. Im Kapitel: „Anzeichen einer Depression“ wird beschrieben, wie sich die Symptome aus Sicht des Betroffenen darstellen und erklärt, warum diese Attribute äußerst ungerecht sind.
Was sollte ein Angehöriger beachten?
Bagatellisieren sie die depressive Erkrankung nicht. Eine Depression ist eine Krankheit mit enorm hohem Leidensdruck. Sie kann ebenso tödlich verlaufen wie z.B. ein Herzinfarkt oder Krebsleiden, denn ca. 10 – 15 % der depressiv Erkrankten vollziehen eine Selbsttötung.
· Überfordern die ihren Angehörigen nicht. Verlangen sie weder körperliche „Höchstleistungen“ noch Entscheidungen von ihm.
· Vermeiden sie appellatives Verhalten wie z.B. „Du bist doch früher so gerne mit mir Fahrrad gefahren“ oder gar wertendes, und vergleichendes Verhalten wie z.B. „Na, das ist ja wohl nicht zu viel verlangt“.
· Achten sie darauf, dass die tägliche Routine beibehalten wird: morgens zur gleichen Zeit aufstehen (egal wie kurz die Nacht für den Betroffenen war), Körperpflege, Mahlzeit, Einkaufen, Blumen gießen etc.
· Seien sie während der Erkrankung für den Angehörigen jederzeit gesprächsbereit, wenn er das Gespräch sucht. Seien sie in seiner Nähe, aber treten sie ihm nicht zu nahe. Eine Überbehütung kann ebenso störend empfunden werden wie die Ignoranz der Krankheitszeichen („Reiß dich doch mal zusammen!“, „So schlecht kann es dir doch gar nicht gehen – wir haben doch alles“).
· Nehmen sie den Wunsch nach Zurückgezogenheit oder den vermeidlichen Mangel an Gefühlen nicht persönlich. Während der Krankheitsphase ist der Betroffene kaum in der Lage, seinen Gefühlen Ausdruck zu geben, und noch weniger in der Lage, zurückzugeben, was ihm an Gefühlen entgegengebracht wird.
· Vergegenwärtigen sie sich, dass die Depression in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine vorübergehende Krankheit ist, sehr gute Heilungsaussichten hat und behandelbar ist.